Inspirierendes Erzählcafé: Eltern erinnern sich an die Schulzeit

Wie sah eigentlich der Schulalltag früher aus? In Basel tauschen sich Eltern über ihre Lerngeschichte aus. Lars Wolf vom Verein ELTERNNETZ Margarethen in Basel erzählt vom innovativen Integrationsprojekt, das acht Kindergärten und zwei Schulhäuser bewegt.

Wie läuft ein Erzählcafé bei Ihnen ab?

Lars Wolf: Die Erzählcafés finden immer im Rahmen unserer Elternforen statt. Die Mütter und Väter treffen sich in der Schule ihrer Kinder und teilen miteinander ihre individuelle Bildungsgeschichte. Dabei geht es um Dinge, die immer noch gleich sind, und um Dinge, die längst passé sind. Oder anders gesagt: Um Naturschwämme, Tintenpatronen und den Matrizendrucker, aber auch um die sozialen Bedingungen, unter denen Bildung früher möglich war. Dass die Eltern aus verschiedenen Kulturkreisen stammen, macht das Geschichtenerzählen natürlich extrem spannend!

Was entsteht aus einem solchen Erzählcafé?

Sehr spannende Begegnungen! Eltern aus unterschiedlichen Kulturen und sozialen Umfeldern kommen in Kontakt. Normalerweise verbindet sie im Alltag nur die Tatsache, dass ihre Kinder dieselbe Schule besuchen. Mit dem Erzählcafé fördern wir den vertrauensvollen und wertschätzenden Umgang auf Augenhöhe und somit die Integration. Eine Mutter aus Finnland meinte am Ende eines Erzählcafés, sie selbst sei in einem sehr homogenen Umfeld zur Schule gegangen. Ihre Tochter hingegen wisse von so viel anderem zu berichten, wenn sie aus der Schule nach Hause komme. Jetzt habe sie diese Vielfalt hier im Erzählcafé auch erleben dürfen – und das sei grossartig!

In welcher Sprache wird kommuniziert?

Die Erzählsprache ist Deutsch, doch es stehen jeweils Dolmetscher zur Verfügung. Wir wollen, dass alle Eltern Zugang haben und keine Sprachbarriere entsteht. Es ist den Eltern aber ein Bedürfnis, ihre Geschichten in der für sie fremden Sprache zu erzählen.

Muss man sich auf das Erzählcafé vorbereiten? 

Nein, überhaupt nicht! Auch Eltern mit einem geringeren Bildungshintergrund kommen, denn das Format suggeriert nicht, dass man für die Teilnahme etwas Bestimmtes wissen oder können muss.

Was erreichen Sie mit den Erzählcafés?

Wir schaffen Nähe im Quartier und bringen Menschen unterschiedlicher Herkunft, Kultur, Religion, Bildung und Schicht zusammen. Brachliegende Potenziale werden erkannt und durch die Resonanz der anderen bekräftigt. Die Eltern fühlen sich in ihrer Kompetenz bestätigt und schliessen neue Bekanntschaften. Ausserdem wird das Vertrauen der Eltern in die Bildungsinstitution Schule gestärkt.

Wie kann die Moderation das Eis brechen? 

Wir drucken jeweils Fotos aus und legen sie auf den Boden. Einmal hat eine Aufnahme einer Schule in Eritrea einen Erzähler derart in Begeisterung versetzt, dass er während des Erzählens aufsprang und das Bild vom Boden aufhob, um es uns allen in seiner Freude zu zeigen. In solchen Momenten spüre ich, dass unser Erzählcafé viel zu bewegen vermag.

Erzählcafés in der Schule

Der Verein ELTERNNETZ Margarethen in Basel veranstaltet drei- bis viermal jährlich ein Elternforum mit Workshops, Seminaren und Vorträgen zu erziehungsrelevanten Themen. Diese Veranstaltungen werden mit Erzählcafés ergänzt. Angesprochen werden die Eltern von Kindern aus zwei Primarschulhäusern und acht Kindergärten.

Die Erzählcafés unterstützen die pädagogischen Anliegen der Schule und leisten einen wichtigen Beitrag zur Integration im Quartier. Die Anlässe werden jeweils von zwei Personen moderiert. Im ersten Teil werden die Eltern in ihren eigenen Schul- und Lerngeschichte zurückgeführt, während im zweiten, informellen Teil ein lebendiger Austausch entsteht.