Partizipation im Netzwerk Erzählcafé – Fokustreffen

Jessica Schnelle (JS) und Rhea Braunwalder (RB), Projektgestalterinnen des Netzwerks Erzählcafé Schweiz, über Partizipation im Netzwerk Erzählcafé

Was bedeutet Partizipation im Rahmen des Netzwerks Erzählcafé?

JS: Unser Netzwerk besteht aus Menschen, die über unterschiedliche Ressourcen wie Zeit, Erfahrungen, Netzwerk und Finanzen verfügen. Im Projektteam Erzählcafé pflegen wir die Haltung, dass alle ihre Ressourcen einbringen können, um zusammen etwas zu kreieren, was den gemeinsamen Zielen dient. Im Fall des Netzwerks Erzählcafé ist es unser Ziel, sorgsam moderierte Erzählcafés guter Qualität in der ganzen Schweiz zu fördern.

Warum ist Partizipation für das Netzwerk Erzählcafé so wichtig?

JS: Wenn Akteurinnen und Akteure ihre eigenen Fragestellungen formulieren und voranbringen können, entstehen Vernetzungen und Angebote, die erwünscht sind und einen Mehrwert bieten. Ausserdem ist Partizipation ein Grundgedanke und Leitprinzip für die Arbeit im Bereich Soziales des Migros-Kulturprozent und des Instituts für Integration und Partizipation der FHNW, welche Träger des Netzwerks sind.

Wie und wo wird im Netzwerk Erzählcafé partizipativ gearbeitet?

JS: Grundsätzlich sind wir offen für partizipative Arbeitsweisen und freuen uns, wenn sich Personen bei uns melden, die aktiv mitwirken wollen. Trotzdem werden nicht alle Aktivitäten des Netzwerks Erzählcafés partizipativ angegangen. So kümmert sich das Projektteam um die strategische Ausrichtung des Netzwerks, administrative Aufgaben, die Kommunikation, Fundraising und den Förderimpuls. Bei anderen Aufgaben, wie zum Beispiel der Erstellung der Charta und des Leitfadens, werden Moderatorinnen und Moderatoren bei der Ausarbeitung oder für eine Vernehmlassung mit einbezogen. Bei der Konzeption der Intervision 2019 haben wir mit Claudia Sollberger gearbeitet, einer Moderatorin, die sich sehr für das Netzwerk einsetzt. In unserem neusten Format, dem Fokustreffen laden wir gezielt alle Moderatorinnen und Moderatoren ein, gemeinsam das Netzwerk zu gestalten.

Wann war das letzte Fokustreffen und was ist dort passiert?

RB: Das letzte Fokustreffen fand am 14. Januar 2020 im Coworking und Kaffeebar Effinger in Bern statt. Zusammen mit neun Moderatorinnen und Moderatoren haben wir Themen sondiert und besprochen, die die Anwesenden interessieren und beschäftigen. Der Kontakt zwischen Veranstaltenden und Moderierenden war einer der Punkte, die intensiv besprochen wurden. Ebenfalls machten sich einige Gedanken über die Positionierung der Methode «Erzählcafé» inmitten der vielen anderen Erzählformate die es heutzutage gibt. Andere Themen waren Erzählcafés mit speziellen Zielgruppen wie psychisch oder physisch beeinträchtigten Menschen, Erzählcafés im Quartier und Erzählcafés in interkulturellen Settings.

Was nehmen die Teilnehmenden eines Fokustreffens mit in den Alltag?

RB: Im Grunde genommen geben wir am Fokustreffen Interessierten den Raum und die Möglichkeit zum Austausch. Die Ergebnisse des Fokustreffens sind offen, ob es nun Themenvorschläge und Stossrichtungen für das Projektteam sind, oder ob Themengruppen entstehen, die sich selbständig mit einem Thema befassen. Wir hoffen, dass dadurch sehr spezifische Fragestellungen oder lokale Aktivitäten, die durch das Projektteam des Netzwerk Erzählcafé nicht leistbar sind, aufgenommen werden und wieder ins Netzwerk zurückkommen.

Wie sieht die Arbeitsorganisation in der Zukunft idealerweise aus?

RB und JS: Wir hoffen, dass der Dialog zwischen dem Projektteam und den Moderatorinnen und Moderatoren darüber, welche Schwerpunkte das Netzwerk setzen soll, noch stärker in Gang kommt. Es sollen möglichst viele Menschen das Netzwerk prägen. Dieses soll sich durch Ko-Konstruktion* und Partizipation in eine Richtung entwickeln, die für die Akteurinnen und Akteure sinnvoll und förderlich ist. Ideal wäre natürlich, wenn die Beteiligten mit ihrem Einsatz und ihren Ideen ermöglichen, das Projekt in eine verstetigte Struktur zu überführen und so das Wirken des Projekts langfristig und nachhaltig zu sichern.

*Mit Ko-Konstruktion ist ein gemeinsames Schaffen auf Augenhöhe verschiedener Menschen gemeint.

Bild: Ideensammlung am Fokustreffen in Bern, Januar 2020