Rückblick: Intervision «Rassismus erzählen» vom 26. August 2022

Am 26. August 2022 trafen sich 20 Moderierende im Haus der offenen Jugendarbeit der Stadt Wil zum Austausch und zur Reflexion. Der Tag dreht sich rund um Rassismus und um Erzählcafés mit Jugendlichen. Ein Rückblick von Rhea Braunwalder, Moderatorin und Projektmitarbeiterin des Netzwerks Erzählcafé Schweiz.

Text: Rhea Braunwalder

Wie kam es zur Auswahl des Orts?

In Wil (SG) entstand vor rund einem Jahr eine sehr aktive Gruppe von Moderierenden, die sich auf Initiative der Fachstelle Integration der Stadt Wil gebildet hat. Im Rahmen der Aktionswochen gegen Rassismus (März 2022) fanden in Wil gleich mehrere Erzählcafés zum Thema «Dazu gehören» statt. Es ging um Geschichten rund um das Zugehörigkeitsgefühl – nicht nur zu einem Land, aber auch zu Gruppen von Freunden, Vereinen oder Familien. Da ich bei den Moderierenden sehr viel Energie und Motivation spürte, war für mich klar, dass die diesjährige Intervision hier stattfinden sollte. Ich fragte Jara Halef von der Jugendarbeit Wil, ob sie uns einen Raum zur Verfügung stellen könnte.

Wie gestaltete sich der Tag?

Wir begannen am Vormittag mit einem Podium mit unseren Gastgeberinnen Jara Halef (Jugendarbeiterin bei der Stadt Will) und Katarina Stigwall (Leiterin und Beraterin bei der HEKS Beratungsstelle gegen Rassismus und Diskriminierung). Die beiden Referentinnen gaben Einblicke in ihre Arbeitswelt. Sie sind sich einig, dass das Erzählen über Rassismus, egal in welchem Setting, ziemlich schwierig ist. «Bis die Menschen überhaupt den Mut fassen, zur Beratungsstelle zu kommen, braucht es ziemlich viel», so Katarina Stigwall. Hingegen sei man beim Erzählcafé in einem geschützten Rahmen. Im Erzählcafé von Jara Halef erzählten einige Jugendliche von ihren Erfahrungen, nicht dazuzugehören.

Nach dem Podium gingen wir gemeinsam zum Mittagessen, wo viel Zeit für individuelle Gespräche blieb. Die Moderierenden besprachen untereinander ihre nächsten Erzählcafés, holten sich Inputs für Themen und Fragenstellungen und teilten eigene Geschichten aus dem Leben.

Am Nachmittag haben wir im Intervisionsformat in Kleingruppen individuelle Fälle genauer besprochen. Fragen wie «Was macht man, wenn Personen negative Schlüsse aus ihren Erlebnissen ziehen?» und «Wie gehen wir mit Medienschaffenden und ihren Berichten über unsere Erzählcafés um?» wurden intensiv diskutiert.

Was habe ich mitgenommen?

Das Interesse der Moderierenden am Thema Jugendliche und Rassismus war gross. Ich nehme mit, dass eine gute Moderation nicht nur mit Moderationsfähigkeiten zusammenhängt: Je mehr wir für Diversitätsthemen sensibilisiert sind und je besser wir uns in die Gefühls- und Lebenswelten unserer Erzählenden hineinversetzen können, desto feinfühliger können wir in der Moderation sein. So ist es mir ein Anliegen, im Netzwerk die Diversität in Bezug auf Gender, Sexualität, Herkunft und psychische wie physische Fähigkeiten zu thematisieren.

 

Zu den Personen

Katarina Stigwall ist Leiterin der HEKS Beratungsstelle gegen Rassismus und Diskriminierung und entwickelte ein Kartenset, das zum Reflektieren über Rassismus im Alltag anregt. Auf der einen Seite stehen Sätze, die auf den ersten Blick ganz unbefangen erscheinen, auf der Rückseite werden die Sätze historisch und gesellschaftlich kontextualisiert und erhalten so eine grössere Bedeutung. Das Kartenset eignet sich als Gesprächsgrundlage für Workshops. Für mehr Informationen wenden Sie sich an die Beratungsstelle.


Jara Halef ist Jugendarbeiterin bei der Stadt Wil. Sie schätzt den ungezwungenen und lockeren Umgang mit Jugendlichen, ohne Erwartungen oder Leistungsdruck.